Designkritik • Zürich

Ein Schaufenster für Schweizer Design

Als Orte der Begegnung mit dem Gastland bilden die Auslandsvertretungen des Bundes auch das kreative Schaffen der Schweiz ab. Viele Bauten und ihr Interieur wurden und werden von Schweizer Architekten und Designerinnen entworfen. Das verantwortliche Bundesamt für Bauten und Logistik will, dass das Erscheinungsbild der Schweiz im Ausland Werte wie Innovation, Präzision, Qualität und Weltoffenheit ausstrahlt.

Nun dienen Botschaften und Residenzen nicht nur für diplomatische Zwecke, sondern auch für Ausstellungen, Konzerte, Lesungen oder Treffen von Wirtschaftsverbänden. So auch die Räume für die offiziellen Empfänge in der Repräsentanz der sudanesischen Hauptstadt Khartum, die Jörg Boner neu gestaltet hat. Der Designer hat diesen Arbeitsort als geschmackvolles ‹Schau­fenster in die Schweiz› eingerichtet und will damit Einblick in die aktuelle Gebrauchsgüterkultur und Kreativwirtschaft geben. Ein langer Hauptraum für den Ess-­ und Arbeitsbereich ist auf beiden Schmalseiten von zwei Salons flankiert; die ge­schlossene Veranda grenzt – gleich einem Seitenschiff – räumlich zu Terrasse und Garten ab. Boner mischt Positionen von Margrit Linck bis Kueng Caputo, von Max Bill über Baltensweiler bis Christoph Hefti, Big­-Game und Adrien Rovero – mehr als dreissig Gestalterinnen und Unternehmen sind vertreten. Jörg Boner selbst bekam eine Carte blanche, eine Auswahl seiner Arbeiten als Produktdesigner für Firmen wie Oluce, Schätti Leuchten, Wittmann oder Sitzfeldt zu zeigen – inklusive seiner für den Ort entwickelten Sonderanfertigungen aus Holz, die Tossa umgesetzt hat.

Jörg Boners Auswahl bietet an, Design aus der Schweiz als Ergebnis von Austausch zu ver­stehen: Alle in Khartum vertretenen Kreativen und Firmen schärfen ihr Denken und Handeln für neue Lösungen im internationalen Kontext. Genauso wie die Eidgenossenschaft kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Verbindungen mit ihren Gastländern pflegt, bedeutet Design per se Vernetzung. Nimmt man den länderübergreifenden Wissenstransfer als roten Faden, kann man in Boners Interieur auch den Kanon der Schweizer Klassiker anders lesen. Seine Selektion zeigt beispielhaft, wer Herkunft und Internationalität seit den 1940er­-Jahren erfolgreich verbunden hat. Und sie schlägt Stimmen von heute vor, die das Potenzial haben, die Designgeschichte in diesem Sinn fortzuschreiben.

Publiziert im Architekturmagazin Hochparterre Nr. 11/2020

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